Offroad fahren mit dem Wohnmobil
Tipps und Tricks wie du auch ohne Allrad Camper an die schönsten Orte kommst!
Vor unserer Reise hätte ich nie gedacht, dass man ohne Allradantrieb (auch 4×4 genannt) so weit kommen kann. Natürlich kommt man viel schneller an die Grenzen des Machbaren als mit Allrad, aber die meisten schönen und abgelegenen Orte waren für uns trotzdem erreichbar. Offroad fahren mit dem Wohnmobil ist also nicht mit einem Geländewagen zu vergleichen, aber allein um an schöne und ruhige Stellplätze zu kommen, muss man meist die ausgebaute Straße verlassen und über sandige, matschige Pisten voller Löcher und Vertiefungen fahren.
Das Fahren auf solchen Pisten war ein Lernprozess
In unserem ersten Urlaub mit Wanda, unserem Wohnmobil, an der französischen Atlantikküste blieben wir prompt im Sand stecken und kamen erst am nächsten Tag wieder heraus. Rückblickend eine einfache Situation, wenn ich damals schon das gleiche Wissen über Selbstbergung gehabt hätte wie heute.
Deshalb möchte ich diese Tipps mit euch teilen, in der Hoffnung, dass sie euch aus so mancher brenzligen Situation heraushelfen. Die hier beschriebenen Hilfsmittel habe ich in diesem Beitrag zusammengefasst!
Art des Fahrzeugs und der Antriebsart
Unser Alkovenwohnmobil mit Frontantrieb, 2m Überhang auf der Hinterachse, nochmals Last auf dem Fahrradheckträger und nur 90PS Motorleistung. Das sind nicht die besten Vorraussetzungen, aber dennoch ist viel möglich. Bei Kastenwägen ist die Gewichtsverteilung etwas besser und mehr Gewicht auf der Vorderachse. Noch besser wäre ein Hinterradantrieb am besten mit Differenzialsperre oder Antischlupfregelung (ASR). Da bei einem Wohnmobil meist der Großteil des Gewichts auf der Hinterachse lastet, schiebt ein Heckantireb besser über schwierige Untergründe.
Bevor es losgeht: Vorbereitungen am Fahrzeug
Noch wichtiger als der Allradantrieb sind Bodenfreiheit, ein gutes Fahrwerk und gute Reifen. Im folgenden nenne ich welche Maßnahmen wir im voraus ergriffen haben und welche Eigenschaften am Fahrzeug relevant für die Fahrt auch schlechten Wegen ist.
Bodenfreiheit
Ihr könnt ein noch so gutes Fahrzeug haben, wenn ihr aber mit dem Unterboden oder gar der Ölwanne aufsetzt ist an eine weiterfahrt nciht zu denken. Durch einige Maßnahmen sind wir glücklicherweise nie aufgesessenm, außer ein abgebrochenes Abwasserrohr in Rumänien. Folgende Maßnahmen helfen auch diese zu erhöhen.
Fahrwerk
Wir haben sowohl das vordere als auch das hintere Fahrwerk optimiert. An der Hinterachse ist eine Luftfederung montiert, die bei Bedarf aufgepumpt werden kann. Der Abstand des Aufbaus zum Boden wird höher der Abstand vom Boden zur Achse bleibt aber gleich, die Fahreigenschaften sind mit Luftfederung und besseren Stoßdämpfern viel besser als vorher. Wichtiger war das Frontfahrwerk. Hier habe ich straffere Federn und bessere Stoßdämpfer von Monroe eingebaut. Dadurch habe ich ca. 4 cm mehr Bodenfreiheit gewonnen. Außerdem leiden alte oder minderwertige Stoßdämpfer sehr auf schlechten Straßen und Pisten.
Reifengröße
Die Basisfahrzeuge sind hinsichtlich der Bereifung eher für den Straßeneinsatz ausgelegt. Größere Räder führen automatisch zu mehr Bodenfreiheit auch an der Hinterachse. Im Grunde ist dies die einzige Maßnahme, die bei frontangetriebenen Fahrzeugen mit Starrachse zu einem größeren Abstand von Achse zu Boden führt. Ob größere Räder möglich sind, muss man recherchieren und eintragen lassen. Wir haben immer 15 Zoll montiert, aber beim Fiat Ducato Typ 230 wäre eine 16 Zoll Bereifung möglich.
Reifen, Bereifung
Hier haben wir Lehrgeld bezahlt, als wir zu Beginn der Reise das Geld für die besten Reifen sparen wollten und auf billigere Mittelklasse-Reifen umgestiegen sind. Diese verloren sehr schnell an Grip und Profil. Vor unserer Fahrt in die Wüste mussten wir uns dann etwas Richtiges kaufen. Man hat die Wahl zwischen sogenannten AT-Reifen (All Terrain) oder guten Ganzjahresreifen/Allwetterreifen. Für unsere Größe und Tragfähigkeit gibt es keine AT-Reifen, sondern erst ab 16 Zoll, daher fiel die Wahl auf Allwetterreifen von Michelin. Mehr dazu hier. Wobei ich mit dieser Wahl mehr als zufrieden bin, der Unterschied ist enorm, dieser Reifentyp ist auch viel robuster und hat sich in Matsch und Schnee bewährt. Durch den Frontantrieb ist die Traktion sowieso schlecht, da sind gute Reifen noch wichtiger. Der Michelin-Reifen hat es auch gut verkraftet, wenn der Reifendruck für die Fahrt auf der Piste auf 1 bar reduziert wurde.
Der Reifen stellt die einzige Verbindung zwischen Untergrund und Fahrzeug dar, weshalb die richtige Reifenwahl wichtiger ist, als so mancher Fahrer denkt.
Die Bereifung ist extrem wichtig
Verhalten auf schlechten Straßen und Pisten
Umsichtiges Fahren
Da man ohne Allradantrieb viel weniger Reserven hat, um umzudrehen oder den Untergrund zu testen, ist beim Befahren schlechter Wege und Pisten mit dem Wohnmobil mehr Vorsicht geboten. Wie oft habe ich schon gedacht, ich fahre einfach die Schotterpiste den Berg hoch mit den tiefen Löchern hoch, um dann festzustellen, dass wir nicht weiter kommen. Dann heißt es rückwärts mit Kurven wieder zurück. Einfacher wäre es gewesen, wenn der Beifahrer oder der Fahrer erst mal aussteigt, um den Untergrund zu prüfen und um die nächsten Kurven zu schauen, wie sich der Weg entwickelt.
Verschränkungen vermeiden
Die Achsverschränkung beschreibt die Fähigkeit eines Fahrwerks, die beiden Achsen in unebenem Gelände gegeneinander zu verdrehen. Dies geschieht z.B. beim Überfahren von Bodenwellen, Steinen, Baumstämmen, Schlaglöchern etc. Während dieses Verhalten bei Geländefahrzeugen durchaus konstruktiv vorgesehen ist, gilt die Fahrzeugverwindung bei anderen Fahrgestellen, insbesondere bei selbsttragenden Aufbauten, als unerwünscht, weshalb die Achsverschränkung möglichst auf die Achsfederwege beschränkt bleibt.
Hier entsteht Verschränkung - Image by PublicDomainPictures from Pixabay
Das untere Bild zeigt einen Weg, der noch keine großen Probleme bereitet. Wenn man aber einen solchen Weg mit einer tiefen Mulde befährt, empfiehlt es sich, so zu fahren, dass beide Räder einer Achse gleichzeitig in die Mulde eintauchen, anstatt mit einem Rad durch die Mulde und mit dem anderen darüber zu fahren. Dadurch wird die Verschränkung von Fahrzeug und Aufbau deutlich verringert.
Was ist das Problem mit der Verschränkung?
Da bei „normalen“ Wohnmobilen, also Vollintegrierten, Teilintegrierten und Alkoven-Wohnmobilen, die Aufbauten mehr oder weniger starr mit dem Chassis verbunden sind und die Wände selbsttragend sind, gehen bei der Verschränkung alle Kräfte voll in die Struktur des Aufbaus. Dies kann dazu führen, dass sich die Verbindungsstellen zwischen Wand und Decke bzw. Boden verformen und undicht werden oder sogar brechen. Auch der Innenausbau bekommt diese Bewegungen zu spüren. Es ist daher unbedingt darauf zu achten, dass durch vorsichtiges Fahren die Verwindungen gering gehalten werden. Kastenwagen haben eine selbsttragende Karosserie und vertragen die Verwindung etwas besser.
Verhalten beim Festfahren und steckenbleiben
Dass man auf Reisen in entlegene Gebiete auch mal stecken bleibt, ist fast unvermeidlich. Am Strand und in der Wüste stellt der sandige Untergrund eine Herausforderung dar, anderswo sind es Schlamm und nasse Wiesen. Doch was tun wenn der Fall eintritt?
Eine Lektion die ich erstmal lernen musste war: Ruhe bewahren!
Das Gute ist, wenn man mit einem normalen Wohnmobil unterwegs ist, kann einen im Zweifelsfall immer jemand herausziehen und bergen. Anders sieht es mit 4×4 Fahrzeugen aus wenn sie tief im Gelände sind, vor allem wenn sie sehr schwer sind. Da braucht man ein noch geländegängigeres und stärkeres Fahrzeug.
Und trotzdem konnten wir uns immer selbst helfen, es sei denn, ein Einheimischer mit Allrad-Geländewagen war schneller zur Stelle, als ich Luft aus den Reifen lassen konnte. Dann nehme ich die Hilfe natürlich gerne an.
Hier meine Tipps meist reicht es bis schon Punkt 2 und 3:
- Wenn reifen durchdrehen sofort stoppen, sonst gräbt man sich nur noch tiefer ein.
- Luft aus den Reifen lassen bis ca. 1 bar. Der Effekt ist enorm, übertireben gesagt fährt man dann wie auf Raupen und die Auflagefläche ist wesentlich größer.
- Eine Person hält hinten oder vorne gegen das Fahrzeug, das hilft wunder
- Nicht vollgas geben sondern das Fahrzeug langsam aufschaukeln durch das Spiel mit Kupplung und Gaspedal.
- Gewicht von der Hinterachse reduzieren falls möglich und nötig (Bei einem Frontantrieb, bei einem Heckantrieb möglichst viel Gewicht auf die Hinterachse).
Equipment für die Wohnmobil Bergung und deren Anwendung
Wenn man dann mal Fest steckt macht es sich ganz schnell bezahlt wenn man das nötigste Equipment zur Selbstbergung an Bord zu haben. Was das ist und wofür ihr es braucht zähle ich unten auf. In diesem Artikel über Ausrüstung zeige ich welche Produkte konkret sich bewährt haben und wo ihr diese bekommt.
Ohne Kompressor geht es nicht!
Schauffel oder Spaten
Eine Schauffel oder ein Spaten wie dieser Klappspaten* hier findet häufig bei uns Anwendung. Fährt man sich fest und die Räder drehen durch, bildet sich schnell eine Kuhle in die die Reifen sich eingraben. Das ist der Grund warum man dann sofort aufhören sollte weiter Gas zu geben. Wenn man nun den Reifendruck verringert hat, muss man diese Kuhle wegschaufeln damit man wieder auf einer Ebenen Fläche herausfahren kann. Mehr zum Spaten hier.
Kompressor bzw. Druckluftkompressor
Wer den Reifendruck wie oben beschrieben reduziert, braucht nach der Bergung ein Hilfsmittel, um die Reifen wieder aufzupumpen. Ein guter Kompressor * sollte an Bord nicht fehlen. Ich habe mich anfangs für einen Akku-Kompressor entschieden, der aber nach kurzer Zeit den Geist aufgegeben hat. Ein Kompressor braucht vor allem Leistung und eine gute Kühlung. Man will ja nicht 2 Stunden warten, bis die Reifen wieder voll sind. Mehr zum Kompressor hier.
Empfohlener Luftdruck am Beispiel meines 3,5t Wohnmobil:
- 5 Bar – Standard und vom Hersteller empfohlen
- 2-3 Bar – Auf Waschbrettpiten und groben Schotterpisten. Wirkt Wunder!
- 1 Bar – Wenn du dich festgefahren hast. Aber mit diesem Druck nicht zu lange fahren.
Sandbleche / Sandboards fürs Wohnmobil
Wenn das Freischaufeln und das Ablassen des Reifendrucks nicht mehr helfen, kommen die Sandbleche fürs Wohnmobil zum Einsatz. Wir haben sie selten gebraucht und am ehesten im Schlamm. Aber wir waren immer froh, welche dabei zu haben. Den Reifen etwas freilegen und die Bretter so in die Spur legen, dass der Reifen fast drauf steht und beim Anfahren sofort Traktion hat. Im Zweifelsfall kann man mit Ästen, Steinen etc. improvisieren. Mehr zum Thema Sandboards hier.
Sandbleche bzw. Sandboards erleichtern die Bergung bei schwierigem Untergrund
Abschleppgurt / Abschleppseil
Neben einem Kompressor und einem Spaten ist das für mich ein Ausrüstungsgegenstand, der auf keinen Fall fehlen darf. Ein ordentliches Abschleppseil mit Schäkeln zum schnellen Befestigen. Im Zweifelsfall haben wir oft Hilfe von einem Geländewagen bekommen, aber einen guten Gurt sollte man immer selbst dabei haben. Nicht jeder hält das Gewicht des Wohnmobils aus. Außerdem wirken schnell noch höhere Kräfte dadurch das man feststeckt und durch einen Ruck des Zugfahrzeugs. Für unser 3,5t Wohnmobil habe ich deshalb den unten abgebildeten 5m Gurt, der bis 8t angegeben ist. Er hat bisher immer gehalten.. Mehr zum Thema Abschleppseil hier.
Starker Abschleppgurt mit Schekel
Fazit
Wer die genannten Tipps beherzigt, eine Ausrüstung zur Selbstrettung dabei hat und sich nicht scheut, im Notfall um Hilfe zu bitten, wird auch mit einem „normalen“ Wohnmobil keine Probleme haben, eine Fernreise zu unternehmen.
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